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Auch die nächsten Tage verbringen wir mit Ausflügen und Wanderungen im Nationalpark Gran Sasso. Die einzelnen kleinen Bergdörfer wie Castel del Monte, Castelveccio
oder Ofena sind durch ein Wanderwegenetz miteinander verbunden. So führt zum Beispiel ein wunderbarer Waldweg von Rigopiano hinauf nach Castel del Monte. Man darf vermuten, dass
dieser Wanderweg das Überbleibsel einer sehr alten Route ist, vielleicht sogar aus Römerzeit.
Die malerischen Bergdörfer lohnen alle einen Besuch. Der romantische Ort Castel del Monte (nicht zu verwechseln mit dem berühmten apulischen Namensvetter) mit seiner verwinkelten Altstadt, das malerisch an einen Hang
geschmiegte Ofena, das schon im 5. und 6. Jahrhundert Bischofssitz war, oder Castelvecchio mit der Kirche San Cipriano aus dem 10. Jahrhundert und der verschlungene
Altstadt aus dem 11. Jahrhundert. Und kommt man noch höher hinauf in die Berge, erreicht man Rocca Calasci, auf 1460 m Höhe die höchst gelegene Burg des Apennin. Um die
fast zerfallene Burg gruppieren sich ein paar zum Teil neu restaurierte Häuser, darunter ein kleines Hotel mit einem sehr feinen Restaurant, dessen vorzügliche Apfeltarte alleine schon den Weg hier herauf lohnt.Bei einem weiteren Ausflug in die Bergwelt des Gran Sasso besuchen wir das sehr malerische S.Stefano. Wir parken das Auto am Ortsende und spazieren durch den verwinkelten Ort. Viel verfällt, aber auch hier werden etliche
Häuser wie in den anderen Bergnestern wieder restauriert. Uns wird erzählt, hier kaufen sich viele Engländer ein; die Billigflieger von den Britischen Inseln nach Pescara machen
es möglich. Zum einen kann man sich des Gefühls eines Ausverkaufs des Landes nicht erwehren, andererseits wird eine Entwicklung gestoppt, die die verlassenen und aufgegebenen Dörfer hoffnungslos dem Verfall preisgegeben
hätte, wie dies noch ein Reiseführer von 1990 beschreibt. Nachdem wir auch an der höchsten Stelle des Dorfes den mächtigen, runden Torre Medicea erklommen haben und vorbei an der alten Kirche
und dem Palazzo über viele Treppchen und Winkelchen wieder auf die Hauptstraße gelangten, kehren wir am Ortsende in dem sehr gepflegten Restaurant/Bar Braccia di Morfeo ein. Auf dem Rückweg nach
Arsita treffen wir auf Schafherden, gehütet von großen, weißen Abruzzenschäferhunden. Diese Hunderasse, von der es von Portugal bis in die Mandschurei 45 verschiedene Arten gibt, gilt als
besonders geeignet, um die Herden vor Wölfen und Bären zu schützen. Aber nicht nur Schafherden sind jetzt in den Abendstunden unterwegs, sondern plötzlich quert ein Fuchs die Straße und auf einer
Stromleitung sitzt ein großer Kauz und guckt neugierig zu uns herüber. Vielleicht ist jetzt der richtige Moment, um den Tausenden Zivilpersonen – unter ihnen auch viele wehrlose Frauen und Kinder -
zu gedenken, die hier in den Abruzzen im Zweiten Weltkrieg durch Verbrechen deutscher Soldaten ermordet wurden. Zahlreiche Orte und unersetzliche Baudenkmäler wurden 1943 bei dem Versuch, die
so genannte Gustavlinie zu halten, von der deutschen Wehrmacht dem Erdboden gleichgemacht. |