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Reisebericht
 ALBANIEN ENTDECKEN
Eine Reise durch das Land der Skipetaren

Kapitel II


Tirana: pulsierende Metropolo
 

Morgens um sieben sind wir mit einer griechischen Fähre der Agoudimos-Lines von Brindisi kommend in der albanischen Hafenstadt Vlora gelandet. Wir machen uns in unserem Kangoo sofort auf den Weg nach Tirana. Neugierig beäugen wir das unbekannte Land, weichen den vielen Schlaglöchern aus und versuchen, uns an den albanischen Fahrstil zu gewöhnen. Bald erreichen wir Tirana und kämpfen uns durch den chaotischen Verkehr zu unserer mitten im Zentrum liegenden Unterkunft durch. Wir wohnen sehr schön und von unserem Balkon geht der Blick auf einen idyllischen Hinterhof mit bereits abgeernteten Weinstöcken und zwei Taubenschlägen.

Zu Fuß machen wir uns auf den Weg zum Skanderbeg-Platz. Die Straße verläuft entlang eines etwas großspurig als „Tirana-River“ bezeichneten Kanals, der gerade begrünt und mit Bäumen bepflanzt wird und über den hübsche Brücken führen. Die noch aus kommunistischen Zeiten stammenden Mietskasernen aus unverputzten Ziegeln bestimmen das Stadtbild, doch existieren daneben auch alte, romantische Villen und moderne Hochhausneubauten. Auffallend sind die vielen witzig und bunt bemalten Häuser, an deren Mauern die ganz Farbpalette des Malkastens abgearbeitet wurde. An manchen Häusern flattert Wäsche und immer wieder sind an den Hausmauern Taubenschläge angebracht. In Tirana besitzen die Tauben Wohnungen – das ist schön!

Tirana, 40 km von der Küste entfernt und am Fuße des Daji-Berges (1.612 m) gelegen, wurde zwar schon 1614 von Sulejman Pasha Bargjini gegründet, ist aber erst seit 1920 Landeshauptstadt. Heute ist Tirana die größte Stadt Albaniens und strotzt mit seinen 500.000 Einwohnern vor Vitalität. Gleich bei unserer Unterkunft um die Ecke gibt es einen kleinen Vergnügungspark mit Karussells. Auf den Straßen herrscht quirliges Treiben. Tirana ist auch eine grüne Stadt: Pappeln und Kastanien säumen die Straßen.

Den Verkehr als chaotisch zu bezeichnen, ist eine starke Untertreibung. Da können die Verkehrspolizisten noch so pfeifen und wedeln, überholt wird von allen Seiten und die kleinste Lücke zu einem Vorstoß genützt. Auf eigentlich zweispurigen Straßen fahren plötzlich vier Autos nebeneinander und Platz für Gegenverkehr, der durchaus aus einem Bus oder einem Ochsenkarren bestehen kann, ist auch immer noch. Erschwerend kommen Baustellen, Riesenschlaglöcher, fehlende Gullydeckel – die nachts geklaut und als Altmetall verkauft werden – hinzu. Doch trotz allem: es herrscht keine Rücksichtslosigkeit, für Fußgänger wird gebremst und der ortsunkundige Autofahrer bekommt immer die Möglichkeit, sein Fahrzeug in die richtige Spur einzufädeln.

Wir laufen entlang der Hauptstraße Bulevardi Deshmret e Kombit mit ihren Regierungsgebäuden zum großzügig angelegten  Skanderbeg Platz, benannt nach Albaniens berühmtestem Freiheitshelden, der dort auf einem Denkmal seine Würdigung findet. Um den Platz gruppiert finden sich die Moschee, die Oper, das Historische Museum mit einem an der Fassade angebrachten Arbeiterkampf-Mosaik, die Banka E Squiperise, und es gibt einen gut bestückten internationalen Buchladen. Enver Hoxha wurde – wie vor ihm schon Stalin – von seinem Sockel gestürzt.

Geldwechsler bieten auf dem Platz ihre Dienste an. Die albanische Währung ist der Lek, 100 Lek sind ungefähr 80 Cent, und für 10 Lek bekommt man ein kleines Brot.

In der Ethem Bay Moschee, die aus dem Jahr 1789 stammt, wird gerade zum Freitagsgebet gerufen. Es finden sich so viele Moslems sunnitischen Glaubens ein, dass sogar der Gehweg vor der Moschee überfüllt ist. Unter kommunistischer Herrschaft wurde Albanien 1968 zum ersten atheistischen Staat der Welt ausgerufen, doch auch wenn die kommunistische Herrschaft seit 1990 zu Ende ist, legt nach wie vor die Mehrheit der Albaner kein offizielles Bekenntnis ab. Schätzungen gehen davon aus, dass sich ca. 40 % der Albaner dem sunnitischen Glauben zurechnen, weitere 20 % dem moslemischen Bektaschi-Orden, der einem türkischen Derwisch-Orden entstammt und sehr tolerant ausgerichtet ist , den Verzehr von Schweinefleisch und Alkohol erlaubt  und insgesamt den Glauben sehr privat und ohne strenge Regeln ausübt.

20 % der Albaner dürften dem christlich-orthodoxen Glauben angehören, ca. 10 % sind Katholiken und  viele der restlichen 10 % bezeichnen sich als Atheisten.

Der Besuch des Historischen Museums hinterlässt etwas zwiespältige Eindrücke. Einerseits finden sich dort ganz wunderbare Funde aus der Frühzeit sowie von den antiken Stätten Apollonia, Dyrrhachium und Buthrotum; daneben gibt es eine Skanderbeg-Abteilung und eine wunderbare Ikonen-Sammlung. Doch ist unübersehbar, dass das Museum um seine Existenz kämpft und in der neuen Zeit seinen Weg sucht. In der jetzigen, fast durchweg tristen Museums-Aufmachung spiegelt sich die Ablehnung eines vom kommunistischen Regime vorgegebenen Geschichtsverständnisses und der von ihm geförderten Archäologie. Dies ist zwar einerseits verständlich, trotzdem kann man den Zerfall des Museums nur bedauern, werden doch damit auch die eigenen geschichtlichen Wurzeln gekappt. Doch vielleicht wird bald alles besser, denn der jetzigen Regierung ist es nicht entgangen, dass sich gerade diese musealen Orte bei Touristen großer Beliebtheit erfreuen, und so wurde die Pflege alter Kulturgüter dem Tourismusministerium unterstellt.

 

Ein überraschend einsetzender Platzregen treibt uns ins Operncafé, wo wir uns einen Espresso gönnen. Wir kaufen uns einen der Regenschirme, die von einer geschäftstüchtigen Straßenhändlerin sofort angeboten werden.

Zum Abendessen finden wir uns im Restaurant Villa Ambassador ein. Das Menü ist ausgesprochen lecker: Gebratenes Fleisch mit gegrillten Zucchini und Auberginen in Joghurtsauce, kleine Krautwickerl, Reis- und Hackfleischauflauf, gekochtes Lamm im Eistichmantel, griechischer Bauernsalat. Danach spazieren wir vorbei an der blau beleuchteten Akademie der Künste zu Tiranas Vergnügungsviertel, das im Carre Deshmoret E 4 Shkurti Straße, Ismail Qemali Straße und Pjeter Bogdani Straße liegt. Hier ist der Bär los! Bierkneipen, Restaurants, Cafés – ein Lokal grenzt an das andere, aus vielen dringt laute Musik, die meisten sind gut besucht. Wir trinken in einem Bistro ein Beck’s Bier und beobachten die auf der Straße flanierenden Menschen, die von zerlumpten Roma-Jungen um ein paar Lek angebettelt werden. Am Straßenrand parken sehr viele sehr teure Autos. Noch in keiner Stadt haben wir so viele teure Geländewagen gesehen wie ausgerechnet hier in der Hauptstadt des ärmsten Landes Europas.

Auch bei Tageslicht fällt die Konzentration von teuren Autos auf und die Menge der dazugehörigen Waschanlagen, wobei es sich weniger um Anlagen handelt als um Hinterhöfe mit Wasseranschluss, in denen junge Männer die Edelkarossen shampoonieren und polieren. Wenn man bedenkt, dass der Durchschnittsalbaner pro Tag mit weniger als 2,20 € auskommen muss und das monatliche Durchschnittseinkommen nur 160,-- €  (SZ vom 2./3.7.2005) beträgt, können diese Luxuswagen wohl nicht dem Durchschnittsalbaner gehören, eher schon den Oligarchen und Monopolisten, die hier laut dem Schriftsteller Fatos Lubonja ein raffiniert-korruptes System entwickelt haben.

Der nächste Tag führt uns in die Kunstgalerie von Tirana, der Galeria E Arteve. Das Museum ist geöffnet, doch weder in der Halle noch in den Ausstellungsräumen begegnen wir einem Menschen. So wandern wir ohne Eintrittskarte und alleine durch die Ausstellung von Bildern und Skulpturen des sozialistischen Realismus, durch die Ikonenausstellung und die Ausstellung zeitgenössischer Kunst im Obergeschoss. Völlig unbehelligt verlassen wir das Haus. Ob es jemanden ausgefallen wäre, wenn wir eine Ikone unter dem Arm weggetragen hätten? Wohl eher nicht.

Anschließend trinken wir einen Espresso im Museumsgarten, bevor wir in den Grünanlagen am Boulevardi Zhane D’Ark spazieren gehen und den modernen Springbrunnen und die vielen neuen Cafés, Restaurants, Hotels und Galerien bewundern.

Der nächste Weg führt uns nach einem Kaffee im Hilton in den nahen gelegenen Stadtpark. Der Park ist ein bisschen verwildert, doch gibt es einen See, mehrere Cafés und Restaurants und ein nettes Hotel: Euro Park. Wir bewundern die Büsten der drei Frasheri Brüder: Abdey (1839 1892) war Politiker, Naim (1846-1900) Dichter und Sami (1850-1904) Publizist, etwas abseits findet sich die Büste von Faik Konica (1875-1942), einem Publizisten und Politiker, der 1913 in London auf der sog. Botschafterkonferenz die Belange Albaniens vertrat.

Nicht weit vom Stadtpark, gleich hinter dem Stadion, essen wir in einem sehr guten italienischen Restaurant zu Abend, eine Pizza Albania, belegt mit Spinat und Spiegelei. Der Besitzer wurde übrigens erst kürzlich in einem Lift in die Luft gesprengt. Täter waren ehemalige Häftlinge, für deren Inhaftierung während der kommunistischen Zeiten er verantwortlich zeichnete.

Den Abend lassen wir im Jazz-Club Take Five bei einem albanischen Norga-Bier, das übrigens sehr ordentlich schmeckt, ausklingen.