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Reisebericht
 ALBANIEN ENTDECKEN
Eine Reise durch das Land der Skipetaren

Kapitel VII


Der Norden: Katholizismus und das Gesetz des Kanons
 

Wir nehmen die Schnellstraße nach Tirana, um kurz vor der Stadt nach Norden in Richtung Shkodra abzubiegen. An den Ausfallstraßen ziehen sich die Gewerbegebiete entlang: Reifenläden sind eindeutig in der Überzahl, daneben gibt es Geschäfte für Baubedarf, Holzlager, Einrichtungs- und Elektroläden. Bauern bieten am Straßenrand ihr Gemüse an, es gibt Verkaufsbuden für Zigaretten und sonstigen Krimskrams, albanische Fastfood-Restaurants werben für Gegrilltes. Hier ist ein Freiluftlager für Siemens-Waschmaschinen, dort hat BMW einen gläsernen Verkaufspavillon hingestellt. Die Stadt franst an ihren Rändern aus und im Verkehr herrscht das volle Chaos. Obwohl Sonntag wird an den Baustellen gearbeitet und alle Geschäfte haben geöffnet. Märkte werden an den aufgerissenen Straßenrändern abgehalten: Kleidung, Schuhe, Haushaltswaren, Lebensmittel feilgeboten, dazwischen wuseln Fußgänger und Radfahrer. Viele motorisierte Hochzeitsgesellschaften sind heute unterwegs und stecken im Stau. Sie vertreiben sich die Zeit mit Hupen, während einer der Hochzeitsgäste mit Videokamera aus dem Autofenster hängt oder gleich auf dem Wagendach sitzt und den Wagen mit Braut und Bräutigam bei einem Überholmanöver filmt. Hier ist was los!

Endlich lässt der Verkehr nach und die Straßenverhältnisse werden besser. Schon bald erreichen wir die Abzweigung nach Kruja. Wir fahren durch die gleichnamige Ortschaft hinauf zur Festung, die gut sichtbar hoch auf den Bergen thront. Kruja steht für den Freiheits- und Unabhängigkeitswillen der Albaner, denn hier trotzte der Nationalheld George Kastriot Skanderbeg den Türken und verteidigte die Burg erfolgreich gegen die damalige Weltmacht Türkei, deren Sultan Murad im Jahre 1450 sogar mit 100.000 Mann Kruja belagerte. Die Türken konnten Kruja erst nach dem Tod Skanderbegs erobern. Das Museum der Burg ist Skanderbeg gewidmet, doch das bedeutendere Denkmal setzte ihm Ismail Kandare in seinem Roman „Die Festung “, der die Belagerung Krujas durch die Türken zum Thema hat.

Viele Schulkinder sind hier, um die gut erhaltene Burg zu besuchen und das Andenken des Nationalhelden hochzuhalten. Er füllt eine Lücke, die der Zusammenbruch des Kommunismus in der nationalen Identität hinterließ. Auch eine Schulklasse aus dem Kosovo wartet auf Einlass in das Museum. Ein junges Mädchen erzählt uns, sie sei mit ihrer Familie während des Kosovo-Krieges nach Deutschland geflüchtet und habe acht Jahre in Stuttgart gelebt. Jetzt gehe sie wieder im Kosovo zur Schule.

Nach einem Besuch des hübsch gelegenen Burg-Restaurants spazieren wir vorbei an den Ruinen des ehemaligen türkischen Bades hinunter zu einer kleinen Basilika, die heute als Moschee dient und Gräber von islamischen Heiligen enthält. Eine alte Frau verkauft uns Stickereien.

 

Zurück im Ort lohnt ein Gang durch die alte, steingepflasterte Basarstraße. Malerische Holzhäuser dienen als Verkaufsräume für Antiquitäten und Touristenramsch.

Zurück auf der Schnellstraße kommen wir durch Lac und Lezha, deren Burgruinen uns von weitem grüßen. Die Ebene wird landwirtschaftlich genutzt, doch zu unserer Rechten werden die Berge immer höher und wilder. Links an den Ausläufern des malerischen Lac Qyrsac und rechts am Ufer des großen Shkodra Sees vorbei erreichen wir endlich Shkodra , die größte Stadt im Norden Albaniens. Die Stadt hat eine wechselvolle Vergangenheit: sie war abwechselnd byzantinisch und serbisch, wurde an die Venezianer abgetreten und von den Türken erobert, wo sie während deren langer Herrschaft praktisch die Rolle einer  Hauptstadt einnahm. 1912 von den Montenegrinern erobert, mussten sie diese wieder an Albanien abtreten.

Wir machen einen kleinen Bummel durch das Stadtzentrum, das sich durch meist einstöckige Wohnhäuser auszeichnet, die nicht im besten Zustand sind. Nach dem Fall des Kommunismus wurden die Häuser privatisiert, d.h. die Wohnungen einfach an die Bewohner übergeben. Auch in Shkodra existieren die postkommunistischen Parallelwelten: das Überkommene neben dem Supermodernen, das Städtische neben dem Ländlichen, der Reichtum neben großer Armut, das Arbeiterdenkmal neben dem Luxushotel,  das Kolpinghaus neben der im katholischen Shkodra neu erbauten Moschee. Viele arabische Staaten wie Kuweit investieren in Albanien Geld in den Bau und Erhalt von Moscheen, sind aber auch karitativ tätig.

Zum Übernachten empfiehlt sich das gepflegte neue Hotel „Colosseo“ im Zentrum, zum Essen sollte man außerhalb der Stadt fahren, zurück zur Burg Rozafa, in das Gartenrestaurant „Legjenda“, gleich bei der Brücke. Man sitzt in einer lauschig-grünen Oase und genießt eine wunderbare Küche. Ein Geheimtipp!

So gestärkt kann man sich auf die Suche zur Auffahrt zur Burg Rozafa machen, die natürlich auch nicht ausgeschildert ist. Auf der alten, steingepflasterten Straße kann man fast bis zur Burg hochfahren. „Rozafa“ war der Name der Frau, die der Legende nach bei lebendigem Leib eingemauert wurde, um böse Geister davon abzuhalten, die Mauern nachts immer wieder einzureißen. Ursprünglich gründeten die Illyrer im 4. Jh. v. Chr. hier schon eine Stadt, die 168 v. Chr. von den Römern erobert wurde. In byzantinischer Zeit stand hier ein kleines Kastell, das 1395 an die Venezianer übergeben wurde; aus dieser Zeit stammen die meisten heute zu besichtigenden Reste. 1479 mussten sich die Venezianer den Türken ergeben. Forthin diente die Burg als türkisches Verwaltungszentrum.


Ein kleines Museum hat geöffnet. Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick auf den Lac Shkodra, mit einer Fläche von 368 qkm der größte See Albaniens, und auf die Flusslandschaft des Lac Qyrsac. Unterhalb des Kastells sieht man die Kuppeldächer der Plumbitmoschee, die wir anschließend besuchen, und deren Namen von den bleigedeckten Dächern stammte.

Es kommen gleich zwei Buben mit dem Schlüssel gelaufen, um uns die Moschee aufzuschließen. Wir bedanken uns mit einer kleinen Spende. Die Einkuppel-Moschee mit ihrem sie umgebenden Vorhof stammt aus den Jahren 1773/74  und ist in einem ziemlich schlechten Zustand, doch sie dient wieder als Gotteshaus.

Vor der Fahrt in die nördliche Bergwelt Albaniens wurde uns aus Sicherheitsgründen abgeraten. Die Wildheit dieses Landes beschreibt schon Karl May in seinem Abenteuerroman „Im Land der Skipetaren“, obwohl er es nie selbst besucht hatte. Hier in der abgeschiedenen Bergwelt haben sich die alten Stammesgesetze des Kanon erhalten, der alle Aspekte des Zusammenlebens regelt. Der strenge Verhaltenskodex, bei dem der Ehrbegriff, der sogar über Religion und Gesetzt stand,  eine zentrale Rolle einnimmt, sieht für als schwer angesehene Verbrechen wie Mord, Ehebruch, Verleumdung oder Wortbruch die Blutrache vor. Eine wichtige Rolle im Kanon spielt die Gastfreundschaft: „Ein albanisches Haus gehört Gott und dem Gast“. Das albanische Gewohnheitsrecht existiert heute noch neben dem albanischen Recht fort und zeigt sich in positiver Form in der großen Gastfreundschaft, die den Fremden in Albanien entgegengebracht wird. In seinem Roman „Der zerrissene April" hat Ismael Kadare auch diesen Aspekt der albanischen Gesellschaft geschildert.

Für uns ist nun leider die Zeit gekommen, von Albanien Abschied zu nehmen. Vor Shkodra überqueren wir eine Holzbrücke. Die Straße führt durch eine landschaftlich sehr reizvolle, ursprüngliche Gegend zum kleinen Grenzübergang Muriqan, der zwischen der Adria und dem Shkodra-See liegt. Das hier angrenzende Montenegro ist eines der wenigen Länder, für das Albaner kein Visum benötigen. Unser Grenzübertritt gestaltet sich schnell und problemlos. Wir verlassen Albanien, ein Land, das uns so liebenswürdig begegnet ist und so gastfreundlich aufgenommen hat und das wir sicher bald wieder besuchen werden.

In der montenegrinischen Hafenstadt Bar nehmen wir die Fähre nach Italien.