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Reisebericht
 ALBANIEN ENTDECKEN
Eine Reise durch das Land der Skipetaren

Kapitel III


Der Osten: ländlich-bäuerliche Idylle
 

Wir verlassen Tirana und folgen der recht guten Straße nach Elbasan. An der Straße, die sich langsam hinauf  in die Berge zieht,  werden frisches Obst und Gemüse zum Verkauf angeboten. Überall gibt es Tankstellen, an denen Benzin und Nafte, Diesel, verkauft wird. Es finden sich nette Hotels und Restaurants entlang der Route. Das Radio spielt amerikanische Schlager aus den 50er Jahren.

Wir durchfahren eine zerklüftete, teils bewaldete, teils karstige Berglandschaft. Die Berge werden immer höher und häufig sieht man sogenannte „Runzen“, durch Bergrutsche hervorgerufene Erosionsfurchen. In Tälern liegen kleine Dörfer, die nur über Sandstraßen erreichbar sind. Dann führt die Straße hinab in einen großen Kessel, in dem die Stadt Elbasan liegt, das landwirtschaftliche Zentrum Mittelalbaniens. Wir folgen der Ausschilderung Quender in die Innenstadt, wo am Hauptplatz ein großes Plakat für „Löwenbräu“ wirbt. Zwischen Autos und Bussen kutschieren Männer ihre Pferdewagen hindurch.

Die Straße – sie ist der Verbindungsweg nach Makedonien - wird immer besser und führt entlang eines Flusstals weiter nach Librazhd. Zu unserem großen Erstaunen gibt es hier sogar Straßenschilder. Die abgeernteten Maisstauden sind längs der Straße zu lustigen „Manderln“ aufgestellt; es wird auch etwas Tabak angebaut. Von der Hektik der Großstadt Tirana ist hier nichts mehr zu spüren. Hier auf dem Land geht alles gemächlich und geordnet seinen Gang.

Wir erreichen Perrenjas, an dessen Ortseinfahrt wie an so vielen anderen Orten Ruinen von Fabrikanlagen liegen. Nach dem Fall des kommunistischen Regimes wurden viele Fabriken zerstört. Ob dies sinnvoll war, mag dahingestellt sein, vor allem, wenn man bedenkt, dass heute die Einfuhr um ein Dreifaches die Ausfuhr übersteigt und selbst Gemüse und Obst aus Mazedonien und Griechenland eingeführt werden.

Nach dem Ort geht es gleich steil einen Pass hoch. Wer zum Grenzübergang nach Makedonien möchte, muss sich hier links halten. Doch wir fahren rechts und sehen unter uns im schönsten Azurblau den 363 qm großen Ohrid- See liegen. Unten angekommen folgen wir der Straße entlang des Westufers in südlicher Richtung, vorbei an etlichen kleinen Hotels und Restaurants. Diesen Verlockungen können wir nicht allzu lange widerstehen und kehren in ein blumengeschmücktes Restaurant ein, dessen Terrasse auf Stelzen in den See hinausgebaut ist. Der Wirt empfiehlt gegrillten Moran , ein endemischer Fisch, ähnlich der Lachsforelle. Dazu gibt es Salat und Kartoffeln; das leckere Gericht kostet 800 Lek (ca. 6,50 €).

So gestärkt, erreichen wir schon bald Pogradec, ein geschäftiges Städtchen, in dem alles angeboten wird: von Coca Cola bis zu italienischen Sanitäranlagen. Auf der weiteren Fahrt nach Korca werden am Straßenrand jetzt nicht mehr frische Fische, sondern Äpfel, Kartoffeln und Zwiebeln verkauft.

Gründer des heutigen Korca war ein ehemaliger Stallmeister des Sultans, Iljas Beg. Er ließ im Jahre 1496 die nach ihm benannte Mirahor-Moschee errichten, auf deren Suche wir uns begeben. Zuerst verfransen wir uns mit dem Auto im Marktviertel, von wo wir uns mühsam über ungeteerte Straßen und durch Schlaglöcher den Weg zurück zur Hauptstraße erkämpfen. Doch da treffen wir auf Jimmy aus St. Louis, United States, und seine Frau. Jimmy stammt aus Korca und besucht gerade seine 82jährige Mutter und seine Schwester. Freudestrahlend bugsiert uns Jimmy durch die Straßen zum Büro des Imam, der sofort seinen großen Schlüsselbund zückt und mit uns zur Moschee eilt. Der Imam freut sich über unseren Besuch, berichtet von seinen Schulungsaufenthalten in Kairo und Detroit, und schwärmt gemeinsam mit Jimmy davon, wie gut sich in Albanien Christen und Moslems verstünden und selbst Hochzeiten untereinander eine Selbstverständlichkeit seien. Das haben wir schon öfters gehört; sogar religiöse Feste sollen gemeinsam gefeiert werden, die religiösen Stätten gegenseitig besucht.

Wir bewundern die Moschee, knipsen viele Fotos und werden anschließend alle auf eine Cola ins Haus von Jimmys  Mutter eingeladen.

Von Korca aus sind es nur 35 km bis zur griechischen Grenze, Thessaloniki erreicht man in zweieinhalb Stunden und auch die Route nach Athen ist bereits hier ausgeschildert. Doch das ist nicht unsere Richtung. Wir nehmen die landschaftlich sehr reizvolle Bergstraße hinauf in das 1115 m hochgelegene Voskopoja. Das heutige Bergdorf war im 17. und 18. Jahrhundert ein Zentrum für den Ost-West-Handel zwischen Venedig und Istanbul und zählte an die 40.000 Einwohner.

 

Wir freuen uns über die Begrüßung durch den Bürgermeister und der herbeigerufene orthodoxe Pope – hier Babu genannt – öffnet uns die berühmten byzantinischen Kirchen von Voskopoja . Wir besuchen zuerst die Kuppelbasilika San Nikola (Shen Kolli) und bewundern die wunderbaren Fresken von David Selenica, in denen mehrere tausend Personen dargestellt sind. Die 1721/22 erbaute Kirche dient heute wieder liturgischen Zwecken. Dann wandern wir entlang eines romantischen, von wilden Kirschbäumen gesäumten Bergbachs zu der außerhalb gelegenen Kirche des Hl. Athanasios (Shen Thanasi) aus dem Jahre 1724, ausgemalt von den Gebrüdern Zografi und gerade restauriert von einem französischen Team. Auf dem Rückweg kommen wir an der neuerbauten „Akademie der Sprachen“ vorbei, an der heute Albanisch, Griechisch, Aramäisch und Bulgarisch unterrichtet wird. Angeknüpft wird an eine Tradition, als hier um das Jahr 1750 in einer Akademie neben Theologie auch Philosophie und Geschichte gelehrt wurden. Um 1720 wurde in Vaskopoja auch die erste Druckerei auf dem Balkan gegründet.

Heute bemüht sich Voskopoja um den Anschluss an die Moderne. Ein neues Hotel in der ortsüblichen  Natursteinbauweise ist gerade fertiggestellt. Wir jedoch fahren noch höher in die Berge, auf 1.400 m, wo ein ehemaliges Jugendlandheim in das „Hotel Academie“ umgewandelt wurde. Heute Nacht sind wir die einzigen Gäste. Es ist eine sehr schöne Anlage mit gepflegtem Rasen und bunten Blumenrabatten. Gleich hinter dem Hotel beginnen hohe Zedernwälder. Die Natur erscheint hier wild, unberührt und ein bisschen verwunschen. Ein Braunbär, der sich gerne mit Rexis Hundekuchen füttern lässt, wird im Käfig gehalten. Es gibt einen freundlichen, hellbraunen Schäferhund mit nur drei Beinen. Auf unser Nachfragen erfahren wir, das rechte Hinterbein habe ein Wolf abgebissen. So oder so ähnlich hatte ich mir Draculas Heimat vorgestellt!

Dieser Eindruck verstärkt sich noch beim Abendessen, das wir alleine in einem großen, einem Rittersaal ähnelnden Restaurant einnehmen. Kaum ist das Essen serviert, fällt der Strom aus und wir sitzen allein im Dunkeln vor unserem – übrigens wirklich ausgezeichneten! – Lammbraten, dem Auftritt Draculas harrend. Der Wind heult um das Haus und die schnell an den Tisch gebrachten Kerzen erhöhen eher noch den unheimlichen Eindruck.

Nachts wird es hier oben bereits empfindlich kalt und wir sind sehr froh, dass in unserem durchaus passablen Zimmer mit schönem Bad die Zentralheizung funktioniert.

Am nächsten Tag brechen wir nach dem Frühstück zum Monastiri i Shen „Jean Prodhromit“ auf, das noch ein Stück höher in den Bergen liegt. Auch in diesem Kloster finden sich wunderschöne Fresken und eine alte Ikonostase mit zwei geschnitzten drachenartigen Fabelwesen, die einander den Kopf zuwenden und deren Schwanz jeweils in einem zweiten Kopf ausläuft.

Wir fahren die 24 km zurück nach Korca und von dort weiter Richtung Erseka. Zuerst durchqueren wir eine große, landwirtschaftlich genutzte Ebene, dann geht es hinauf in die Berge mit großen Hochebenen, von wo aus sich grandiose Panaromablicke öffnen. Auch hier finden sich überall in der Landschaft – in ganz Albanien soll es eine halbe Million davon geben – graue, militärische Betonbunker. Hinter diesem Bunkerbau stand der Glaube Envar Hoxhas, dass bei einem feindlichen Angriff jeder Albaner zu seinem Gewehr greifen, sich in einem Bunker verschanzen und jeden Meter seines Vaterlands verteidigen würde. Frönte hier ein Despot seinem Verfolgungswahn oder schreckte diese Drohung potentielle Angreifer wirklich ab?

Bei der Ortseinfahrt nach Erseka wird in einem kleinen Wäldchen ein gut besuchter Viehmarkt abgehalten. Pferde, Rinder, Esel, Schafe stehen zum Verkauf. Hier auf dem Land sind die Dörfer und Städte noch recht einfach, überall begegnet man Pferdewagen, Ochsenkarren; es heißt vorsichtig fahren, denn Esel, Hühner und andere Tiere sind auch alleine auf den Straßen unterwegs.

Fragt man irgendwo nach dem Weg, winken die Leute erst einmal ab. Sie gehen davon aus, dass sie Fremde sowieso nicht verstehen. Doch bleibt man hartnäckig und fragt wiederholt nach, hören sie schließlich zu, haben die Frage verstanden, weisen gerne die Richtung und freuen sich, dass sie weiterhelfen können. Übrigens enden die Ortsnamen mal mit „a“ und mal mit „e“, „Erseka“ oder „Erseke“ - je nach Deklinationsform. Das Albanische bildet eine eigene Sonderform innerhalb der  Indogermanischen Sprachenfamilie, das ehemals sowohl im griechischen als auch im arabischen, teilweise in einem neu geschaffenen, auf dem Kyrillischen basierenden, albanischen Alphabet wiedergegeben wurde, bis sich zuletzt doch das lateinische Alphabet, angereichert mit Sonderzeichen, durchsetzte. 

Die Weiterfahrt führt durch grandiose Berglandschaften mit gewaltigen Felsformationen. Wir erreichen den Nationalpark „Rezeve Natyrore e menaxhuar“ bei Germeny Shelegur. Er soll Bären, Luchse und  Wölfe beheimaten, von denen es heute nur noch wenige gibt, da in den politischen Chaoszeiten der 90er Jahre völlig unkontrolliert Ausländer der Jagd in den albanischen Bergen frönten und alles abknallten, was ihnen vor den Lauf kam. Übrigens kam schon zu kommunistischen Zeiten der damalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauss nach Albanien; zum ersten Mal pflegte er 1984 politische Kontakte und ging auf die Jagd.

Wir machen an einem kleinen Rasthaus Halt, dem ein kleiner Tiergarten mit Enten, Schwänen, Pfauen, Braunbären, Füchsen und einem Wolf angeschlossen ist. Der Wolf schnappt nach meinem Reisetagebuch und nur mit Mühe gelingt es mir, ihm das Heft wieder zu entreißen. Den Seiten fehlt jetzt eine Ecke, dafür ist dort der Abdruck eines Wolfsgebisses zu bestaunen. Wie schön wäre es, wenn wir etwas mehr Zeit hätten, denn in der Bergwelt Albaniens werden auch geführte Wanderungen angeboten.